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Lass uns reden!

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Viola Schwermer bringt als Respekt Coach Jugendlichen aus Bonn und Umgebung einen achtsamen Umgang miteinander näher.

Im Rahmen des Präventionsprogrammes „Lass uns reden“, welches die Demokratieförderung an Schulen unterstützt, arbeitete Respekt Coach Viola Schwermer seit November 2021 an einem Berufskolleg und einer Gesamtschule mit Jugendlichen zusammen. Ende 2023 plante die Bundesregierung eine Einstellung der Finanzierung. Dies konnte nun vorerst abgewehrt werden und das Programm kann auch im Jahr 2024 an Schulen durchgeführt werden. Wir haben zum Zeitpunkt, als das Präventionsprogramm kurz vor dem Aus stand, mit Viola über ihre Arbeit gesprochen:

Unterschiedliche Meinungen akzeptieren, Position beziehen, argumentieren – das Präventionsprogramm Respekt Coaches macht demokratische Werte für junge Menschen erlebbar und stärkt sie in ihrer Persönlichkeit. Viola Schwermer ist Respekt Coach und arbeitet für die Katholische Jugendagentur Bonn an zwei Schulen eng mit Schüler*innen und Lehrkräften zusammen. Es geht darum, Werte und soziale Kompetenzen zu vermitteln und ein gemeinschaftliches Miteinander zu etablieren.

Nach dem Abitur hatte Schwermer den Wunsch, sich im sozialen Bereich zu engagieren und entschied sich für ein FSJ an einer Förderschule. Danach studierte sie Soziale Arbeit in Köln. Während des Studiums hatte sie verschiedene Nebenjobs, u.a. an einer Offenen Ganztagsschule. „Für mich war immer klar, dass ich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchte.“ Nach dem Studium begleitete Schwermer als Pädagogin über vier Jahre junge Menschen in einer Wohngruppe. „Das hat mir großen Spaß gemacht. Trotzdem gab es wegen der notwendigen Tagesroutine, wenig Gestaltungsspielraum oder Projektarbeit. Durch Zufall bin ich dann auf das Respekt Coach Programm aufmerksam geworden. Die Möglichkeit, Ideen kreativ umsetzen zu können und der politische Bildungsaspekt haben mir an diesem Tätigkeitsbereich sehr gefallen. Seit November 2021 bin ich für die KJA Bonn tätig und betreue im Rahmen des Projektes ein Berufskolleg und eine Gesamtschule.“

 

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Bevor Schwermer mit den Klassen zusammenarbeitet, schaut sie genau, welche Bedarfe vorhanden sind. Ein Austausch mit den Lehrkräften gibt im Vorfeld Auskunft über Erlebnisse mit den Klassen, Erwartungen und Wünsche. Hier hat die Pädagogin nur gute Erfahrungen gemacht: „Ich bin von allen mit offenen Armen empfangen worden. Die Kollegien sind engagiert, stehen aber auch enorm unter Druck, weil der Schulalltag sehr viel komplexer geworden ist. Es geht schon lange nicht mehr nur darum, den Lehrplan zu erfüllen, sondern vor allem darum, soziale Herausforderungen zu meistern. Für mich ist es ein bisschen einfacher, einen anderen Blickwinkel einzunehmen, um diese Herausforderungen anzugehen.“ Im ersten Schritt, den Schwermer auf die Jugendlichen zugeht, verwendet sie häufig einen anonymen Fragebogen, um auch die Bedarfe der Schüler*innen festzustellen. Da die Projektarbeit auf Freiwilligkeit beruht, ist es ihr sehr wichtig, für alles offen zu sein und nachzufragen, was den Teilnehmenden wichtig ist. Diese Eröffnung von Gestaltungsmöglichkeiten ist für viele erstmal neu. Im ersten Moment kann diese vielleicht auch verunsichern oder überfordern, trotzdem erleben die Jugendlichen hier das Gefühl, gehört und ernst genommen zu werden – und das ist für viele tatsächlich ungewohnt. Der Erfolg des Projektes lässt sich für Schwermer in vielen kleinen Erlebnissen messen. Ein Projekttag mit zahlreichen Workshops, den sie im September am Berufskolleg organsiert hat, konnte vielen Themen Raum geben: So gab beispielsweise es eine Gruppe, die sich mit geschlechtlicher und sexueller Vielfalt auseinandergesetzt hat und ins Gespräch gekommen ist. Des Weiteren tauschten sich die jungen Menschen über Religion aus und konnten nach einer Fragerunde Vorbehalte über das jüdische Leben in Deutschland abbauen.

Die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen zeigt, dass Vorurteile und Diskriminierung alltäglich geworden sind. Das Sozialverhalten ist häufig von Passivität und Resignation bestimmt, was sich als Folge der Corona Pandemie beschreiben lässt. Deshalb lebt die Pädagogin einen respektvollen Umgang miteinander vor. „Aus meiner Sicht werden so nicht nur Denkanstöße und Toleranz geschaffen, sondern ich halte es auch für sehr wichtig, gesprächsbereit zu bleiben und in den Dialog über verschiedene Haltungen und Wertevorstellungen zu gehen.“ Schwermer liefert Impulse, die die jungen Menschen dazu nutzen, sich auf einen gemeinsamen Austausch einzulassen, um miteinander umgehen und diese Erfahrungen im besten Fall in ihre gesellschaftliche Rolle etablieren zu können.

Die geplante Kürzung der finanziellen Mittel für das Programm Respect Coaches macht Schwermer sehr betroffen: „Toleranz und Demokratieverständnis sind heute wichtiger denn je, deshalb ist es für mich unverständlich, warum die Strukturen, die seit fünf Jahren mit diesem Präventionsprogramm geschaffen wurden, einfach über Bord geworfen werden und die Bedarfe keine Beachtung erfahren. Es ist meines Erachtens ein falsches Signal, ein Projekt zur Demokratieförderung jetzt einzustellen.“

Die Lehrkräfte sind ebenfalls schockiert über den geplanten, ersatzlosen Wegfall Schwermers pädagogischen wertvollen Arbeit. Viele gaben ihr positive Rückmeldungen, dass es ihr gelingt, Denkanstöße zu schaffen und das Überdenken zur Frage „Wie wollen wir miteinander umgehen?“ mehr ins Bewusstsein und in den Schulalltag zu holen. Schwermer bleibt nun nur noch die Möglichkeit, so viel wie möglich an die Schulen zu übergeben, damit Teile ihrer Arbeit weiterhin durch die Lehrkräfte in den Unterricht einfließen können und ein toleranter und respektvoller Umgang miteinander weiterhin nicht nur inhaltlich vermittelt, sondern vor allem als Fähigkeit von den Jugendlichen erlernt werden kann.

 

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Über Respekt Coaches

Mit präventiven Angeboten an bundesweit über 270 Standorten fördert das Programm Respekt Coaches Toleranz und den Abbau von Vorurteilen an Schulen. Schülerinnen und Schüler erfahren den Wert einer vielfältigen Gesellschaft. Ziel ist es, den Blickwinkel zu erweitern und unterschiedliche Weltanschauungen und Lebensweisen besser zu verstehen. Damit trägt das Programm langfristig zu einem gesunden Klassenklima und Zusammenhalt in der Schule bei. Das zuständige Ministerium teilte zum Ende der Sommerferien bzw. Anfang des Schuljahres 2023/24 mit, dass eine Finanzierung des Respekt Coaches Programms im Jahr 2024 nicht mehr vorgesehen ist. Diese Entscheidung wurde Ende 2023 vorerst zurückgenommen, so dass das Präventionsprogramm auch in diesem Jahr an verschiedenen Schulstandorten durchgeführt werden kann. Bei der KJA Bonn sind vier Respekt Coaches des Fachbereiches Jugendsozialarbeit in den Jugendmigrationsdiensten Rhein- Sieg linksrheinisch, Rhein- Sieg rechtsrheinisch und Euskirchen angesiedelt. Bisher haben Angebote an sechs Kooperationsschulen stattgefunden.

Viola Schwermer wird trotzdem vorerst nicht an die Schulen zurückkehren. Sie hat sich nach Bekanntgabe der Mittelkürzung und der damit einhergehenden geplanten Streichung ihrer Stelle innerhalb der Katholischen Jugendagentur Bonn gGmbH umgeschaut und unterstützt seit Beginn des Jahres die Offene Kinder- und Jugendarbeit.